Im September haben wir zweimal vor insgesamt gegen 400 Personen den Film “Who Killed The Electric Car?” gezeigt und entsprechend hunderte DVDs davon verteilt. Der Film kam dabei jedesmal Klasse an und es wurde auch erkannt, wie relevant die Thematik auch für Filme für die Erde ist.

Nicht nur dass wir übers Benzin Milliarden von Franken nach Lybien, Saudi-Arabien und andere zutiefst undemokratische Länder und neurotische Despoten überweisen und dass ja eigentlich der jahrhundertelangen Arbeit unserer Gesellschaft widerspricht, auch gehören Verbrennungsmotoren zu den Hauptverursachern des Klimawandels. Ineffiziente, laute, abgaserzeugende Dinger, dazu noch 5’600’000x in der Schweiz, sodass sich jeder fünfte Schweizer in seiner Lebensqualität davon beeinträchtigt fühlt. Das kanns nicht sein.

Auch dass uns die schnelle High-Tech-Fortbewegungs-Maschinen mehr Freiheit geben, kann man leicht als Gesellschaftsmythos entlarven. Heutige Autotechnologie kann nur von Experten gehandhabt werden, es kann nur auf sehr begrenzten, extra vorbereiteten Flächen damit rumgefahren werden (auch mit Off-Roadern 🙂 und man steckt systematisch im Stau, ohne aber, dass diese Zeit kreativ genutzt werden könnte wie etwa im Zug. Gesetze regeln dies und das und bringen einen in Zwänge rein. Um sich das leisten zu können, muss zudem monatelang Arbeitszeit investiert werden. Aber eben: Mann möchte doch möglichst einmal um die Erde fahren können mit seinem Auto! Erst dann taugts was.

Im Vergleich zum Velo, sofern die Wohn- und Arbeitssituation dies überhaupt erlaubt, schneidet das Auto äusserst schlecht ab: Das Velo gibt Selbstwertgefühl, vorallem an Hängen, macht Spass und erlaubt ein enormes Gefühl von Freiheit, weil man praktisch überall hin und durch fahren kann; repariert ists auch schnell, gesund ists auch noch und braucht kaum Platz. Unterhalts-Kosten tendieren gegen Null und man verschafft den Autofahrern mehr Platz. Eigentlich viel näher an der emotionalen Erfahrung, welche all die Auto-Werbungen uns täglich versprechen als das Auto selbst.

Trotzdem: Man kann nicht abstreiten, wie praktisch Autos in vielen Situationen sind. Mittlere Distanzen, Hunde, der Einfamilienimperiumähhaustraum im Grünen, Transporte von grossen Gegenständen und anderes können auch oft als  gute Gründe angeführt werden. Der Zwangs aufs Velo und in den Zug kanns auch nicht sein, ich wünsch mir keine neue grüne Umwelt-Gesundheits-Diktatur. Vielleicht gibts Wege, mit den menschlichen, gesellschaftlichen Kräften und nicht gegen diese zu arbeiten und so die Kurve zu kriegen. Elektroautos sind da schon ziemlich vielversprechend.

Elektromotoren benutzen Energie effizienter und deren CO2-Ausstoss ist darum zu 2/3 kleiner als bei Benzinern. Im besten Fall sind sie leicht gebaut (=grosse Reichweite), vollständig recyclierbar (Upcycling, Cradle to Cradle) und unterstützen über ihre Batterien ein dezentrales Stromnetz (Vehicle to Grid). Das heisst sie speichern und liefern über Nacht und auf dem Parkplatz Energie und lösen so das Problem, dass Wind und Sonne im Vergleich zu AKWs keinen durchgehenden Bandstrom liefern können. Zusammen mit neuen Stromchips der ETH Zürich (DigitalStrom, Ludger Hovestadt), welche Intelligenz in jedes Gerät oder hier eben Batterie bringen, wird eine völlig neue dezentrale Elektrizitätslogistik (“Smart Grid“) möglich – von vielen zu vielen.

Man weiss heute nicht genau, ob es genug Lithium gibt um diese Milliarden Batterien für Autos, Flugzeuge, Handies und andere Elektronik bauen zu können. Während einige davon sprechen, dass es knapp für 15 Millionen Autos reiche (das ist mal knapp Deutschland), erwarten andere durch zukünftige Technologien (z.B. Lithium aus Meerwasser) mehr. Das kennen wir doch schon… diese Diskussion wird bei jedem Peak geführt: Peak Oil, Peak Gas, Peak Lithium. Was immer vergessen wird ist Exponentialität, Energieaufwand zur Förderung und ebenso existierende Grenzen des menschlichen Erfindungsgeistes. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Lithium weit reicht, aber anscheinend gibts noch andere Batterie-Technologien z.B. die Zink-Luft-Batterie, die zudem CO2 absorbieren muss, um zu laufen.

Hmm, das tönt doch gut: Ich fahr mit Sonne in einem vollrezyklierbaren surrenden Ding rum und sammle zusammen mit den anderen Millionen Autofreaks CO2 auf und mach den Klimawandel wieder rückgängig… eine bisjetzt schädliche Technologie, die verbreitet und gern genutzt ist, zu etwas Lebensförderndem zu verwandeln, scheint mir ein ungemein spannender Ansatz. “Total Beauty Design” wie Michael Braungart sagen würde. Zukunft! Und was zur Gegenwart hier im Interview mit Sergio Kaufmann (Kamoo Electrocars) und Kurt Egli (VCS) an der Blue-Tech 2009. (Filmer: Kurt Reinhard, iturn.tv, merci!!)

 

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