«Die, die sich um die Bienen kümmern». So wurden im Alten Ägypten Imker bezeichnet. Heute zeichnet sich ein anderes Bild. Die Imker*innen sind in erster Linie Honigproduzent*innen – die Honigbienen sind zu Honigmaschinen verkommen. In der Schweiz gibt es mehr Honigbienen denn je – trotz Bienensterben. Wie kann das sein? André Wermelinger von der Bienenschutzorganisation «Free the Bees» erklärt.

Während die Anzahl der gezüchteten Honigbienen steigt, nimmt diejenige der Wildbienen ab. «Von über 600 heimischen Bienenarten haben wir bereits 10 % verloren und 45 % sind gefährdet. Die Honigbiene, die ursprünglich auch eine Wildbienenart ist, wurde in der freien Natur fast ausgerottet.» Für Imker*innen ist die Honigbiene ein Nutztier, mit dem sie intensiv Honig produzieren können. «Massentierhaltung, Zufütterung von Industriezucker, Medikamentenmissbrauch, Leistungszucht und künstliche Vermehrung – die Imkerei steht der Viehzucht in nichts nach», bedauert André Wermelinger.

Verschiedene Bienen bestäuben unterschiedliche Pflanzen. Trotz der hohen Bienendichte kann die gezüchtete Honigbiene die Bestäubungsleistung der Wildbienen nicht ersetzen. «Es ist wichtig zu verstehen, dass aus ökonomischer und ökologischer Sicht die Bestäubungsleistung der Honigbiene viel wichtiger ist als der Honigertrag», erklärt der Experte. Unsere gesamte Nahrungskette hängt von den Bestäubern ab, doch der Fokus der Imker*innen liegt vor allem auf der Honigproduktion.

Doch ist eine naturnahe Imkerei überhaupt möglich? André Wermelinger setzt sich mit der Organisation «Free the Bees» für Wildbienen ein. Eine artgerechte Honigproduktion ist möglich: «80 % der Bienenvölker produzieren extensiv Honig. Bienen, das Ökosystem und die Biodiversität nachhaltig geschützt werden. Die konventionelle Monokulturhaltung wird durch eine Mischhaltung, importierte und gezüchtete Arten durch heimische, robustere Arten ersetzt.»

Über die Zukunft der Bienen entscheiden auch die Imker*innen. Sie müssen wieder mehr zu denen werden, die sich um die Bienen kümmern anstatt sie nur zu nutzen.

Was können wir tun:

  • Nachhaltig erzeugten, biologischen Honig kaufen.
  • Die heimische Blütenvielfalt erhöhen und damit der Biene Nahrung und Lebensraum bieten.
  • Wildlebende Bienenvölker bei «Free the Bees» melden, um sie zu schützen.

Die Hochleistungsbiene

Ein Bienenvolk sammelt pro Jahr

  • 120 kg Nektar
  • 25 l Wasser
  • 20 kg Pollen
  • 100 g Harz (zur Propolis-Erzeugung)

In einem Honigglas (500gr) stecken

  • 50’000 Flüge
  • ca. 2 Erdumrundungen an Flugkilometern
  • 25 gr Honig auf dem Frühstücksbrot entsprechen ca. 3’000 Flugkilometer

Eine Honigernte von 10kg Honig bedeutet für die Bienen zusätzlich

  • +25 kg Nektar sammeln
  • +4 bis 10 Waben ausziehen
  • +30’000 Bienen brüten
  • +4 kg Pollen für die Brutaufzucht sammeln

Eigenbedarf für die Überwinterung

  • ca. 15 kg Honig pro Volk

Filmtipp von André Wermelinger

More than Honey Man erhält einen sehr intensiven Eindruck, wie anmutig sich Bienen im Flug gegenseitig wahrnehmen können. Die Zeitlupe ermöglicht den Perspektivenwechsel. Für uns Menschen schwirren Bienen schnell und gestresst herum, die Bienen dürften einander ganz anders wahrnehmen.

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