Wie werden wir in Zukunft 10 Milliarden Menschen ernähren? Dieser Frage geht der Film „10 Milliarden“ auf den Grund und wirft so manch Fragen in den Raum. Vielleicht mit LED-Salat? Mit künstlichem Fleisch und Insekten? Gentech oder Bio? Doch für viele Fragen gibt es die einfache Antwort: biologische Landwirtschaft.
Die Alternative Bank Schweiz (ABS) und Bio Suisse setzten sich für eine biologische Landwirtschaft ein uns haben uns dank einer finanziellen Unterstützung ermöglicht, 360 Weitergabe-DVDs des Films an unsere Festival-Besuchenden (2015) zu verschenken.
In einem Interview erzählen uns Simon Rindlisbacher von der Alternativen Bank Schweiz und Stephan Jaun von Bio Suisse ihr Engagement für eine biologische Landwirtschaft und welche Lösungen es gibt, um in Zukunft 10 Milliarden Menschen zu ernähren.
Fragen an Simon Rindlisbacher, die Alternative Bank Schweiz
FfdE: Was passiert mit dem Geld, welches durchschnittlich verdienende Privatpersonen auf Konten der ABS anlegen?
Simon Rindlisbacher: Das Geld unserer Kundinnen und Kunden ist die Grundlage, die uns ermöglicht, langfristig in die reale Wirtschaft zu investieren: in soziale und ökologische Projekte und Unternehmen – vom Biobauernhof über eine innovative Wohngenossenschaft bis zum Jugendzirkus.
FfdE: Kann man direkt Einfluss auf das angelegte Geld nehmen, in dem man beispielsweise das Geld in konkrete Projekte zur Umsetzung kleinteiliger Landwirtschaft investiert?
Simon Rindlisbacher: Wenn Sie Ihr Geld in ABS-Förder-Kassenobligationen anlegen, können Sie bestimmen, für welchen Zweck Ihr Geld eingesetzt wird. Sie können einen von acht Förderbereichen wählen, wie z.B. Erneuerbare Energien, Gesundheit und Prävention und natürlich auch biologische Landwirtschaft.
FfdE: Inwiefern profitieren Bio-Bauern von Ihren Krediten?
Simon Rindlisbacher: Landwirtschaftsbetriebe, die Knospe- oder Demeter-zertifiziert sind, erhalten Förderkredite, die mit ABS-Förder-Kassenobligationen refinanziert werden. Dadurch sind die Zinsen stabil und das längerfristige Zinsrisiko verringert sich. Für die biologische Landwirtschaft engagieren wir uns seit unserer Gründung. Wir haben viel Erfahrung in diesem Bereich gesammelt und haben ein gutes Netzwerk, von dem auch unsere Kundinnen und Kunden profitieren.
FfdE: Kann ein konventioneller Landwirtschaftsbetrieb mit der Hilfe von ABS auf biologisch oder Demeter umsteigen? Wenn ja, wie?
Simon Rindlisbacher: Ja, das ist möglich. Eine solche Umstellung kostet. Zum Beispiel, weil der Stall für die Kühe umgebaut werden muss, so dass er den Normen von Bio Suisse oder Demeter entspricht. Wir können als Bank das nötige Geld in Form von Krediten zur Verfügung stellen und so etwas zur Umstellung beitragen.
FfdE: Gibt es ein „Vorzeige-Beispiel“ einer Finanzierung eines erfolgreichen Bio-Bauernhofes?
Simon Rindlisbacher: Wir finanzieren viele erwähnenswerte Bio-Bauernhöfe. Ein Betrieb, über den wir kürzlich auch in unserer Zeitschrift «moneta» berichtet haben, ist der Biohof Schüpfenried in der Nähe von Bern. Fritz Sahli, der den Hof führt, setzt zwar schwerpunktmässig auf Mutterkuhhaltung und Legehennen sowie Acker- und Gemüsebau. Daneben hat er aber viele weitere Standbeine: Er führt einen Hofladen mit Café. Er bietet Caterings an und lädt regelmässig zum Brunchen ein. Über dem Hofladen sind Seminarräume, darüber eine Mietwohnung. Im Betrieb integriert sind zudem eine Wohn- und Arbeitsgemeinschaft für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten und Menschen mit Behinderungen. Der Hof beherbergt eine Heizzentrale, die mit Holzschnitzeln gespeist wird und 15 Wohnungen mit Wärme versorgt. Auf den Gebäudedächern sind Solarpanels, die Energie für bis zu 70 Haushalte liefern. Die Vielfalt der Angebote finden wir faszinierend und auch, dass Fritz Sahli sowohl im ökologischen, wie auch im sozialen Bereich zu einer lebenswerten Welt beiträgt.
FfdE: Was hat Sie dazu bewogen, zusammen mit der Bio Suisse die Filme „10 Milliarden – Wie werden wir alle satt“ für das Filmfestival 2015 zu finanzieren?
Simon Rindlisbacher: Der Film stellt wichtige Fragen: Wer kann 10 Milliarden Menschen besser ernähren? Die industrielle Landwirtschaft oder die biologische? Oder braucht es gar ganz neue Ansätze, wie wir Lebensmittel herstellen? Als Bank wollen wir nicht nur mit unseren Krediten und Anlagen Positives bewirken für die Menschen und die Umwelt. Wir wollen die Menschen auch dazu anregen, über Fragen wie sie der Film aufwirft nachzudenken. Darum tragen wir gerne dazu bei, dass er am Filmfestival 2015 gezeigt werden kann.
FfdE: Wem legen Sie ein Konto bei der ABS nahe?
Simon Rindlisbacher: Menschen, Vereinen und kleinen und mittleren Unternehmen, denen eine nachhaltige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft wichtig ist. Oder anders gesagt: Allen, die unsere Werte teilen.
FfdE: Zum Abschluss würden wir gerne von Ihnen wissen, was Sie als Bank konkret tun, um schon bald 10 Milliarden hungrige Menschen auf dieser Welt zu ernähren?
Simon Rindlisbacher: Wir gehen davon aus, dass die biologische Landwirtschaft langfristig der richtige Weg ist, um die Menschheit zu ernähren. Darum fördern wir sie seit unserer Gründung.
Fragen an Stephan Jaun, Bio Suisse
FfdE: In welcher Beziehung stehen Sie zur Alternativen Bank Schweiz?
Stephan Jaun: Die ABS unterstützt verschiedene Projekte von Bio Suisse zur Förderung des Biolandbaus in der Schweiz, so etwa den Schweizer Bio-Ackerbautag, wo es darum geht den Biogetreidebau in der Schweiz auszudehnen.
FfdE: Wie unterstützen Sie Förderprojekte der ABS bei Bio- und Demeter-Bauern?
Stephan Jaun: Bio Suisse unterstützt nicht direkt ABS-Projekte. Aber wir geben der ABS eine Plattform in unseren Medien zur Präsentation ihrer Aktivitäten.
FfdE: Was sind allgemeine Vorteile eines Bio / Demeter Bauers gegenüber einem konventionellen Bauernbetrieb?
Stephan Jaun: Bei Biobetrieben – ob mit der Marke Knospe oder mit dem Demeter-Label – steht die umfassende Nachhaltigkeit im Vordergrund. Sie bieten den Menschen heute eine gute Lebensgrundlage, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu beeinträchtigen. Dazu bringen sie die Interessen von Mensch, Tier und Natur ins Gleichgewicht.
FfdE: Warum sind Bio- und Demeter Produkte besser als diejenigen, welche von konventionellen Landwirtschaftsbetrieben stammen?
Stephan Jaun: Garantiert wird das eben erwähnte Gleichgewicht durch die Richtlinien von Bio Suisse, die zu den weltweit höchsten Biostandards gehören. Für die 6000 Knospe-Produzenten und 840 Knospe-Lizenznehmer ist die Einhaltung der Richtlinien eine Selbstverständlichkeit. Sie tragen mit Herzblut Sorge zu Boden, Wasser und Luft. Die Produzenten verzichten etwa auf chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger. Und sie kümmern sich um die Biodiversität und um hohe Tierwohlstandards. Die Lizenznehmer achten zum Beispiel auf eine schonende Verarbeitung ohne unnötige Zusatzstoffe. Die Knospe sorgt auch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich für mehr Gleichgewicht. Sie ist Grundlage für eine erfolgreiche Vermarktung, die faire Zusammenarbeit von Bauern, Handel und Verarbeitern und nimmt sich der sozialen Ansprüche der Arbeitnehmer an. Das alles macht Knospe- und Demeter-Produkte einfach umwerfend gut!
FfdE: Was muss ein Bauer für Kriterien erfüllen, um die Bio-Knospe oder das Demeter-Siegel zu erhalten?
Stephan Jaun: Einerseits muss er die Richtlinien einhalten, die für die erwähnten Vorzüge des Produkts sorgen. Das wird jährlich von unabhängigen Stellen kontrolliert. Anderseits entwickelt ein Biobetrieb seine Produktion laufend weiter.
FfdE: Kann ein Bauer nur einzelne Bioprodukte verkaufen, ohne dass sein ganzer Betrieb biologisch betrieben wird?
Stephan Jaun: Bei Bio Suisse ist das ausgeschlossen.
FfdE: Gibt es einen „Vorzeige-Bauern“, der von konventioneller Landwirtschaft auf Bio oder Demeter umgestellt hat, den man ins Interview miteinbeziehen könnte oder vielleicht einfach erwähnen könnte (mit Bilder, Video, Homepage…)?
Stephan Jaun: Da haben wir bereits einige Beispiele in unserem Knospe-Kino.
FfdE: Im Film „10 Milliarden“ werden viele deutsche Bauern gezeigt, die Ihre Kühe nicht mehr 100% aus eigenem Futteranbau ernähren können. Wie sieht es da mit den Schweizer Bio- und Demeter-Bauern aus?
Stephan Jaun: Auf den Milchviehbetrieben von Bio Suisse werden die Tiere hauptsächlich aus dem eigenen Grundfutter ernährt und erhalten mindestens 90 Prozent Raufutter. Das garantiert, dass die Kuh viel weniger in Nahrungskonkurrenz zu den Menschen tritt.
FfdE: Warum tragen Demeter-Kühe Hörner und die Kühe von Bio Suisse Betrieben nur ab und zu? Seit geraumer Zeit läuft die Kuhhorn-Initiative. In wie fern unterstützt Bio Suisse dieses Unterfangen?
Stephan Jaun: Bio Suisse begrüsst die Bestrebungen der Initianten der Hornkuhinitiative, jedoch ist die Enthornung von Kälbern unter Schmerzausschaltung auch auf Knospe-Betrieben erlaubt. Mehr dazu hier
FfdE: Zum Abschluss würden wir gerne von Ihnen wissen, was Bio Suisse konkret unternimmt, um schon bald 10 Milliarden hungrige Menschen auf dieser Welt zu ernähren?
Stephan Jaun: Wir fördern mit dem Biolandbau eine nachhaltige, ressourcenschonende Landwirtschaft weltweit, zum Beispiel auch über die Vergabe der Knospe für Importprodukte wie Kaffee, Südfrüchte etc. Gemäss dem Weltagrarbericht ist Bio die Lösung für die kommenden Herausforderungen. Wir investieren sehr viel Geld in die Forschung und Beratung um den Biolandbau zu mehr Effizienz weiterentwickeln zu können, dies bei gleich bleibendem Schutz der Ressourcen. Zudem plädieren wir für eine ausgewogene Ernährung: Das heisst zum Beispiel: regionale und saisonale Bioprodukte einkaufen oder weniger Fleisch, dafür Biofleisch essen.
Wir danken Stephan Jaun und Simon Rindlisbacher herzlich für das Interview und für die tolle Unterstützung bei der Finanzierung des Films „10 Milliarden“ für das Filme für die Erde Festival.